Zermahlene Hasenknochen sind es angeblich, Häute und Knorpel von Kleintieren. Vielleicht haben sie auch Katzen genommen, wer weiß das schon. Oder Hunde. Er steht vor der Leinwand und schüttelt das Glas mit dem bräunlichen Granulat. Er hat Angst, wie er immer Angst hat vor der leeren Leinwand, vor ihren Linien und tausenden Fäden, in die wieder alles hineinfließen wird und die alles aufsaugen und anders herauswachsen lassen wird, als er es gewollt hatte. Er hat Angst vor den ersten Strichen, vor der Farbe, den Proportionen. Er hat Angst, dass sie ihr Gesicht zeigen könnte, und deshalb wird er sie nur von hinten malen, von der Seite vielleicht, aus allen möglichen Perspektiven. Nur nicht von vorne. Nur nicht so, wie er sie zuletzt gesehen hat. Aus: Die Frau im Atelier
Zum/r Autor/in
Geboren 1969, lebt und arbeitet als Autorin und Schreibpädagogin in Zurndorf im Burgenland und in Wien. Veröffentlichungen von Lyrik und Prosa in Literaturzeitschriften, im Hörfunk und in Anthologien. Sie ist Mitglied der GAV und beim Literaturkreis Podium sowie beim Berufsverband Österreichischer SchreibpädagogInnen. Ihre beiden Romane „Über das Licht gedreht“ und „Die Frau im Atelier“ erschienen 2018 und 2021 in der edition keiper.