Hej, du
Ballode vom Ergrimmen der Heimtribüne

Hej, du trockener Gesell, du Tasche voller Glück
Du Stiefkind jeglichen Vermessens, du Versmaß unter uns Gerechten!
Sag an, du hohe Lotusblüte reinsten Wassers,
du Blasius des sechsten Sinns, du Muster für's gelung'ne Leben,
sag an: Gedenkst du irgendwann zu weisen
die einen in die andr'e Schrank?
Wo ist die Linie denn? Sag's!
Wo war um Gottes willen bloß das Bein?
Und wo um aller Himmels willen bloß dein Blick?
Du Stiefkind jeglichen Ermessens, du Knüttel unter uns,
du Glücksgriff einer Mutter, der du zu einem ganz besond'ren Bedürfnis wurd'st?
Hej, also dann, du luftgetrockneter Gesell:
Heb an und tu, wozu alleine du berufen!
Du Waise aller Weisen, du Schlussstück der Geburt!

Wir steh'n nicht an zu rechten
Mit dir, der du zu richten
Dich scheust
Und deshalb scheißt
Ein jeder von uns allen
Dir unverzagt vors Tor, und außerdem:
Wir werden jetzt zu deinem Auto geh'n.

Hej, du eingepökelter Genoss', du Fleisch in uns'rer Wunde,
hörst du die Rufe schon, den Rhythmus des Ergrimmens?
Das Bein war g'rad gestreckt, wir hörten's schnalzen
Bis hoch hinauf, selbst Rotz erstarrte,
der doch ansonsten stets nur Wasser heult im Edelsinn.
Was also wirst du tun, du merkwürdig Besamter,
den seine Mutter bloß verlor so zwischendurch?
Viel klarer hätt's nicht können sein, das pralle Leben
In Form des unverschämten, defensiven Projektils
Das durch die Luft geschossen kam zum Knöchel
Der, wenn er schon nicht brach, so brechen hätte müssen
So laut ruft nämlich unser Menschensohn normalerweise nicht.
Was also, Nachgeburt des Bruders, gedenkt ein solcher jetzt zu tun?

Wir rufen nur, besonnen, zu
Dem, der die Sinne schon verlor
Das Aug' zu sehen, das Ohr zur hör'n, den Mund zu pfeifen
Und, ganz nebenbei:
Schon jetzt tun sie mit deinem Auto allerlei!

Komm uns nicht damit, du rabenbrüstiger Gespons
Eines Gesponses, du schmutzverkrusteter Bediener deiner selbst, 
Du, dessen modisches Befinden den Würgereiz erheischt.
Soweit wir wissen, wissen wir natürlich,
dass du und Deinesgleichen Strapse tragen,
sonst hättest du den Mordversuch schon längst geahndet.
Und Gott wird wissen wollen einst, wo du gewesen
Und wird dich kauen und empört von dannen spucken
Du Lauer, wird er sagen, du luftgetrockneter Genoss!

Lasset und also beten
Für den, dem kein Gebet mehr hilft!
Das schwarze Tier, das, männlich, weiblich
Dreimal geschminkt mir ihrer Sechs!
Wir scheren uns kein bisschen
Um den, der längst schon ist geschoren.
Pfeif weiter nur so wie bisher
Ach ja: Ein Auto hast du keines mehr!

Zum/r Autor/in

Geb. 1957 in Bad Vöslau, Studium der Theaterwissenschaft und Publizistik, werkt seit mehr als dreißig Jahren als Schreiber in unterschiedlichsten Einsatzgebieten, seit 1988 bei der Tageszeitung DER STANDARD. zahlreiche Reise- und Sportbücher, auch solche mit literarischem Anspruch. Bei allfälligen lyrischen Hormonschwankungen neigt er auch zum Abfassen von „Balloden".

Zahlreiche Veröffentlichungen:

zuletzt „Ein rundes Leben" (gemeinsam mit Robert Franta), „Im Inneren der Haut" und die Tirade „MarcosEinSatz".

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