Neu im Land: Jürgen Bauer, Theodora Bauer, Raoul Eisele

Lesung und Gespräch zu neu erschienenen Büchern aus dem Burgenland

19:00 Uhr

Literaturhaus Mattersburg

Am 4. Juni knüpfen wir im Literaturhaus Mattersburg an die Reihe „Neu im Land“ an und stellen drei burgenländische Neuerscheinungen des Frühlings vor: Theodora Bauer, Raoul Eisele und Jürgen Bauer thematisieren in ihren Werken Rückzug und Reflexion, sie erkunden in Sprache und Erzählung persönliche sowie emotionale Auseinandersetzungen mit der eigenen Identität und gesellschaftlichen Erwartungen. Im Literaturhaus Mattersburg stellen sie ihre neuen Texte vor und gewähren Einblicke in ihre Schreibprozesse.

Glühen

Am liebsten will sie sich selbst vergessen, sogar ihren Namen in der stressigen Stadt zurücklassen. Lima nennt sich die junge Frau, die sich in den Bergen bei einer knarzigen Alten einquartiert. An der Universität denkt sie über Frauen und weibliches Begehren nach – privat braucht sie dringend eine Pause, um ein paar Sommertage lang alles hinter sich zu lassen: Freunde, Familie, die Männer, die ganze polykriselnde Gegenwart mit Krieg und Klimakatastrophe. Aber sogar hier ist der Wald so trocken, dass er knistert, und natürlich wird sie ihre kreisenden Gedanken nicht los – bis sie auf Michael trifft, der oben am Berg Heu mäht und schön ist wie ein Engel. Erst ist Lima nicht sicher, ob er wirklich existiert, denn der junge Mann mit der Sense wirkt wie einer anderen Zeit entsprungen. Aber er ist auch am nächsten Tag auf der Wiese, und ganz federleicht nähern sich die beiden einander an – bis Michael verschwindet und die Junihitze um Lima herum immer bedrohlicher wird.

Theodora Bauer
geboren 1990, studierte Philosophie, Publizistik und Kommunikationswissenschaft in Wien. Sie ist Autorin vielfach ausgezeichneter Romane und Theaterstücke. Ihr Romandebüt, «Das Fell der Tante Meri» (2014), stand auf der ORF-Bestenliste und war für den Literaturpreis Alpha nominiert; über ihren zweiten Roman, «Chikago» (2017), urteilte die «Frankfurter Neue Presse»: «sprachlich und dramaturgisch ein großer Genuss». Theodora Bauer moderierte fünf Jahre lang die Fernsehsendung literaTOUR. Sie lebt in Wien und im Burgenland.

Als Versprechen dieser Zeit

Die erste Liebe, das erste Blut, der erste narzisstische Gedanke, der erste Bruch: Was macht uns aus? Was macht uns einzigartig, schön, grausam, lebendig? Was zu einem Menschen und was zu uns selbst? Und wie bestimmend ist unser Geschlecht? Erwartungen, vergangene Kindheitstage, unermüdliche Rollenbilder, fremde Hände, die keine Grenzen kennen. Raoul Eisele erzählt von den Kämpfen, die wir in uns austragen, von der Ruhe, die wir fürchten, könnte sie doch Einsamkeit bedeuteten. Mit seiner Sprache baut er einen Raum zur Begegnung, lässt zusammenwachsen und schafft eine Öffnung: für Fragen, die dazu zwingen nachzufühlen. „Als Versprechen dieser Zeit“ ist lyrische Prosa, die tief in die eigene Existenz dringt; über die Verkettung von Momenten, über Körperlichkeit und die Gesellschaft, die vorgibt, wer wir zu sein haben – bis wir uns selbst entdecken.

Raoul Eisele
geboren 1991, lebt und arbeitet in Wien. Er studierte Germanistik und Komparatistik und gründete das Magazin process*in und die Veranstaltungsreihe Mondmeer und Marguérite. 2017 debütierte er mit dem Lyrikband morgen glätten wir träume (edition yara). Es folgten einmal hatten wir schwarze Löcher gezählt (Schiler & Mücke, 2021) und die Graphic Novel immer wenn es ein wenig den Himmel entlang grollt, Maman (2023) in Zusammenarbeit mit Monika Ernst und Iris Karl. Seit 2019 wurde er mit mehreren Preisen, Stipendien und Artist-in-Residence-Aufenthalten in Deutschland und Italien ausgezeichnet. Neben seiner schriftstellerischen Tätigkeit ist er auch am Theater und bei Hörspielproduktionen aktiv. 2023 feierten seine Theaterstücke oder ein Schiefer im Stamm im Theater Kosmos Bregenz und I really like you piggyboy im Theaterforum Schwechat Premiere. Sein Prosadebüt Als Versprechen dieser Zeit erschien 2024.

Styx

Eine Zäsur muss her. Eine Generalpause. Der Souffleuse eines großen Wiener Opernhauses reicht es. Als sie während einer Aufführung einer Sängerin ohne erkennbaren Grund den helfenden Einsatz verweigert, gerät ihr berufliches und privates Leben aus der Bahn. Madame Partitur, wie sie von allen nur genannt wird, zieht sich auf ihr Grundstück am Land zurück, in ein paradiesisches Gartenreich mit idyllischem Teich, das ihr verstorbener Mann, einst gefeierter Opernregisseur, mit Hingabe angelegt und gepflegt hatte. Längst jedoch verwildert dieses Vermächtnis, sie sieht sich der Aufgabe nicht gewachsen, es am Leben zu erhalten, und blickt mit Angst auf den bevorstehenden Frühling, wenn der Garten wieder erwachen wird. Nur die Intendantin des Opernhauses dient ihr in dieser Zeit als Stütze, bis ihr ein streunender Hund zuläuft, mit dem sie nun ihre Tage in Abgeschiedenheit verbringt. Als eines Tages ein Gärtner auf dem Grundstück auftaucht und seine Hilfe anbietet, blüht der Garten erneut auf, liebevoll und mit großer Einsicht kümmert er sich um die Pflanzen, bringt jedoch auch schmerzhafte Erinnerungen und verdrängte Schuldgefühle zurück.

Jürgen Bauer
geboren 1981, lebt in Wien. Während seines Studiums der Theaterwissenschaft spezialisierte er sich auf Jüdisches Theater. 2008 erschien sein Buch No Escape. Aspekte des Jüdischen im Theater von Barrie Kosky. Sein Debütroman Das Fenster zur Welt wurde 2013 veröffentlicht, gefolgt von Ein guter Mensch, der im gesamten deutschsprachigen Raum rezipiert wurde. 2020 veröffentlichte er den Roman Portrait. Bauer nahm zweimal am Programm Neues Schreiben des Wiener Burgtheaters teil. Seine journalistischen Arbeiten zu Theater, Tanz und Oper erscheinen regelmäßig international. Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter ein Aufenthaltsstipendium des Literarischen Colloquiums Berlin (2014) und Einladungen zum Festival Neue Literatur in New York und zum Festival Zeitgeist in Washington, D.C. (2017).

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