Unvermittelt

Mit Autorinnen und Autoren zu Gast in Oberstufenklassen

Das Literaturhaus Mattersburg führt in Gymnasien und berufsbildenden Schulen des Bezirks Eisenstadt und Mattersburg vom 18.-27.Nov. ein Literaturfestival für Jugendliche durch.

Literatur, die Erfahrungen von Jugendlichen widerspiegelt

Im Rahmen der Initiative lernen die SchülerInnen Autorinnen und Autoren bei Lesungen und Publikumsgesprächen kennen. Zugleich werden konzentrierte AutorInnengespräche in kleinem Rahmen angeboten, damit interessierte SchülerInnen selbst aktiv werden können. Zu Gast sind heuer Petra Piuk, Martin Pollack und Robert Prosser. Außerdem werden vom Schauspieler Georg Kusztrich Texte aus dem Romanfragment „Cella“ von Franz Werfel gelesen.

Lesungen und Gespräche mit Martin Pollack, Petra Piuk und Robert Prosser

Martin Pollacks Bücher beschäftigen sich oft mit der Zeit des Nationalsozialismus. Pollack reist, recherchiert und reflektiert die große Geschichte anhand individueller Schicksale. Sein Schreiben ist schnörkellos, präzise und fundiert. In seinem neuen Buch "Die Frau ohne Grab" folgt Martin Pollack den Spuren seiner Tante, die am Ende des Zweiten Weltkriegs zu Tode kommt und deren Grab nie gefunden wird. Die siebzigjährige Pauline Drolc, geborene Bast, wird von jugoslawischen Partisanen in ihrem Heimatort Tüffer, slowenisch Lasko, verhaftet und in das provisorische Internierungslager Schloss Hrastovec gebracht. Wenige Wochen später ist sie tot.

Bis 1998 war Martin Pollack Korrespondent des Spiegel in Wien und Warschau. Übersetzer u. a. von Ryszard Kapuściński. Er erhielt den Leipziger Buchpreis für Europäische Verständigung (2011), den Johann-Heinrich-Merck-Preis, den Österreichischer Staatspreis für Kulturpublizistik (beide 2018). Bei Zsolnay sind u.a. erschienen: Anklage Vatermord. Der Fall Philipp Halsmann (2002), Der Tote im Bunker. Bericht über meinen Vater (2004), Kaiser von Amerika. Die große Flucht aus Galizien (2010) und zuletzt Die Frau ohne Grab. Bericht über meine Tante (2019).

Petra Piuk veröffentlichte mit ihrem Buch „Toni und Moni. Oder: Anleitung zum Heimatroman“ eine explosive Mischung aus überzeichneter Satire und drastischer Kriminalfallaufdeckung. Der zweite Roman der Autorin landet inmitten von Bergen und ländlicher Idylle. Er handelt von der Liebe zwischen Toni und Moni.

Eine schöne Musik, eine heile Familie und eine Liebesgeschichte – das ist das Rezept für einen gelungenen Heimatroman. Schöner und heiler als in Schöngraben an der Rauscher kann die Welt gar nicht sein: heimatverbundene Menschen, ein starkes Wir und eine bevorstehende Hochzeit. Wären da nicht ständig diese Störungen: eine Großcousine, die den Mord in der Familie aufdecken will, eine Moni, die sich in einen Michael verliebt, Figuren, die sich nicht an die Regeln halten, und eine Romanautorin, die mit niederträchtigen Mitteln das glückliche Ende konterkariert. Im Rahmen einer Gebrauchsanweisung entwirft Petra Piuk die provinzielle Antiidylle und zerstört Stück für Stück den Schein einer heilen Welt. Bitterböse und zugleich höchst unterhaltsam führt sie den Heimatroman ad absurdum und hebelt alle Regeln des klassischen Erzählens aus.

Petra Piuk wurde 1975 in Güssing geboren, sie lebt in Wien. Absolventin der Leondinger Akademie für Literatur. Ihr Debütroman „Lucy fliegt“ wurde mit der Buchprämie der Stadt Wien ausgezeichnet. Mit einem Auszug daraus wurde sie zum Floriana Literaturwettbewerb eingeladen. 2016 erhielt sie den Literaturpreis des Landes Burgenland. Und 2018 den WORTMELDUNGEN-Literaturpreis der Crespo Foundation

"Gemma Habibi" von Robert Prosser ist ein fulminantes Porträt der Jetztzeit: In Syrien wütet Krieg, Flüchtlinge erreichen Europa, die Gesellschaft gerät in Aufruhr. All das streift das Leben von Lorenz. Er trainiert für die Box-Meisterschaft, will siegen, will frei sein und reist dafür bis nach Westafrika. Sein Freund, der nach Wien geflohene Zain, genannt Z, träumt von einem Schlag, der ihn als Boxer unsterblich macht. Zwischen den beiden steht die Fotografin Elena. Mit ihrer Kamera hält sie die unruhige Gegenwart fest. Und den finalen Kampf.
Kurdistan, Wien, Ghana: Drei Welten, drei Leben, drei Runden im Boxring. Ein dichter, intensiver Roman über Obsession und Freundschaft, Engagement und Aufbruch. Robert Prosser hat selbst eine Passion für das Boxen. Diese entdeckte er während er 2011 in Manchester seine Diplomarbeit schrieb und einen Ausgleich suchte. Heute lebt Prosser in Wien und Tirol. Gemma Habibi ist das fünfte Buch und der dritte Roman des Schriftstellers.

Österreichischer literarischer Kanon, der das Burgenland als Schauplatz hat

Einerseits können die Jugendlichen durch die AutorInnen und deren Bücher Literatur kennenlernen, die ihre spezifischen Erfahrungen widerspiegelt, oder sich mit aktuellen sowie geschichtlichen Themen befassen, auf der anderen Seite entdecken sie Bücher des österreichischen Literatur-Kanons. So zum Beispiel "Cella" von Franz Werfel, das der Autor bereits auf der Flucht geschrieben hat. Der Text von Franz Werfel gilt als erste große literarische Verarbeitung des Jahres 1938 in Österreich. Sein Schauplatz ist das Burgenland im Jahr 1938. Der Schauspieler Georg Kusztrich wird Passagen aus dem Buch lesen. Die SchülerInnen erfahren auch mehr über die Entstehungsgeschichte oder darüber, wie der Text über die Jahre rezipiert wurde.

Autorinnen und Autoren ganz unvermittelt erleben

Mit der Herangehensweise des Festivals “Unvermittelt“ in den Gymnasien und Handelsakademien in Eisenstadt und Mattersburg wird einer „großen Zahl“ Jugendlicher Literatur nahegebracht. Zugleich werden in den konzentrierten AutorInnengesprächen Möglichkeiten für jene Jugendliche geschaffen, die besonderes Interesse am intensiveren Austausch mit den Autorinnen und Autoren haben. Die Finanzierung für dieses Vorhaben setzt sich aus Förderungen des Bundeskanzleramtes Abteilung Literatur, Kulturkontakt Austria und einem Unkostenbeitrag (€ 2) der SchülerInnen und Jugendlichen zusammen.

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