Die Tauben von Brünn

mit Bettina Balàka

Eine Taubenzüchterin, ein Lottogewinn und ein großer Betrug

19.00 Uhr

Literaturhaus Mattersburg

Spannend und atmosphärisch dicht erzählt: die Geschichte des berüchtigten "Lotteriebarons" Johann Karl von Sothen. Als der Brieftaubenzüchter Wenzel Hüttler 1840 einen Lottogewinn macht, stiehlt Sothen, der im selben Haus wohnt, den Lottoschein und legt so den Grundstein für sein Vermögen. Nach Hüttlers Tod betreibt dessen Tochter die Brieftaubenzucht in Brünn weiter. Sothen fingiert Verliebtheit, und sie hilft ihm gegen ihren Willen beim Betrug der Lotterie: Wenn in Brünn die Ziehung erfolgt ist, kann man in Wien noch setzen, bis der reitende Bote mit den Gewinnzahlen eintrifft. Eine Taube ist jedoch viel schneller... Sothen wird unermesslich reich und in den Adelsstand erhoben - doch auch für ihn kommt der Zahltag.

Freiherr von Sothen hat tatsächlich existiert. Er war ein ehemaliger Trafikant und Lottokollektant, der auf nicht näher geklärten Wegen zu großem Reichtum und zwei Schlössern im Kahlengebirge gekommen ist. Eines der Gerüchte, die ihn umranken, betrifft den Brieftaubenbetrug: Mit Hilfe einer Brieftaubenzüchterin soll er sich die Lottoergebnisse aus Brünn nach Wien zustellen haben lassen, wo man noch setzen konnte, bis der berittene Bote eintraf. Dieses Gerücht hat die Autorin aufgenommen und ausgesponnen und die Brieftaubenzüchterin Berta zur Hauptfigur gemacht. Der Bogen des Romans spannt sich von den 1830er bis in die 1880er Jahre. Innerhalb dieses Zeitraumes ereigneten sich enorme gesellschaftliche und technologische Entwicklungen, deren Auswirkungen uns bis heute prägen. In der frühindustriellen Biedermeierzeit wurden die Auswüchse der Gewinnmaximierung festgelegt, die schließlich zur Revolution von 1848 führten. Freiherr von Sothen ist dabei der Prototyp des kapitalistischen Selfmademan: Ohne sich mit den Umwegen des Glaubens und Aberglaubens aufzuhalten wählt er den einzig realistischen Weg, um im Lotto mit Sicherheit zu gewinnen – den Betrug.

Bettina Balàka

Geboren 1966 in Salzburg, studierte Englisch und Italienisch und lebt nach mehreren Auslandsaufenthalten (England, USA) in Wien. Sie schreibt Romane, Lyrik, Erzählungen und Essays. Zahlreiche Buchveröffentlichungen, Theaterstücke und Hörspiele. Vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Theodor-Körner-Preis (2004), dem Salzburger Lyrikpreis (2006) und dem Friedrich-Schiedel-Literaturpreis (2008). Zuletzt erschienen die Romane "Unter Menschen"(2014), "Die Prinzessin von Arborio" (2016), der Essay "Kaiser, Krieger, Heldinnen. Exkursionen in die Gegenwart der Vergangenheit" (2018)

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