Zersplittertes Erinnern
mit Julian Schutting
Persönliche und politische Geschichte durchdringen einander.
Literaturhaus Mattersburg
Julian Schuttings verdichtete Erinnerungen an das Kriegsende und die Nachkriegsanfänge
Dem Alter wird oft nachgesagt, dass es sich vor allem durch Vergesslichkeit bemerkbar macht. Das ist aber nur die eine Seite: die andere ist das unabwendbare Aufsteigen von Erinnerungen: an Bilder, Situationen, Menschen und Umgebungen, die lange wie unter Schutt vergraben waren und auf einmal mit großer Dringlichkeit wieder aufsteigen und einen nicht mehr loslassen.
Julian Schutting verdichtet in seinem neuen Buch auf kunstvolle Weise Erinnerungslinien, die zeigen, wie sehr persönliche und politische Geschichte einander durchdringen und wie zersplittert und fragmentarisch unsere Erinnerungen sind. Der Autor führt die LeserInnen in jene Jahre, die er in seiner Geburtsstadt Amstetten und dann in Wien verbracht hat, jener Stadt, die in der Schrift der Befreier sich BEHA las.
Da vermischt sich in den Erinnerungen kindliches Erleben mit politischen Signalen der Nazizeit. Die Welt ist aber im Kinderalter vor allem die allernächste Umgebung, die Familie, die Nachbarn, der Garten und seine Geheimnisse. Schutting gelingt es auf sehr eigene Weise, Zeitgeschichte, persönliche Erfahrungen und die Wiederholungen des Zeitlosen nachvollziehbar zusammenzubringen.
Julian Schutting
Geboren 1937 in Amstetten. Lebt als freier Schriftsteller in Wien. Er besuchte in Wien die Grafische Lehr- und Versuchsanstalt (Klasse Fotografie) und studierte später an der Universität Wien Geschichte und Germanistik. Von 1965 bis 1987 unterrichtete er am TGM.
1973 erschienen im Otto Müller (Salzburg) der Gedichtband In der Sprache der Inseln und im Europa Verlag (Wien) der Prosaband Baum in O. Im Jahr darauf veröffentlichte Schutting erstmals im Residenz Verlag (Salzburg) und gehört seither zu dessen Hausautoren. Weitere Buchveröffentlichungen erfolgten im Styria (Graz), bei Droschl (Graz), Jung und Jung (Salzburg) und anderen Verlagen.
Diverse Literaturpreise und Auszeichnungen:
2013 Buchpreis der Salzburger Wirtschaft
2015 Gert-Jonke-Preis für Lyrik
Julian Schuttings Werk umfasst Prosa, Lyrik und sprachphilosophische Abhandlungen. Der Autor ist Mitglied der Grazer Autorenversammlung.
Bis zur Geschlechtsangleichung im Jahr 1989 lebte er als Jutta Schutting. „Übereinstimmung mit meinem lebenslangen Lebensgefühl" wurde als Erklärung formuliert.