Die neue Weltliteratur und ihre großen Erzähler
mit Sigrid Löffler
Perspektiven verändern sich
Literaturhaus Mattersburg
Viele kennen sie noch vom Literarischen Quartett als ruhigen Gegenpol zu Reich-Ranicki und Karasek oder als Feuilletonchefin der „Zeit“. 1942 im Sudetenland geboren, in Wien aufgewachsen und dort Anglistik, Germanistik, Philosophie und Pädagogik studiert. Bis heute ist sie publizistisch tätig. Die ungemein belesene 75-Jährige setzt sich mit der literarischen Szene weit über den deutschsprachigen Raum hinaus auseinander. In ihrem 2014 erschienenen Buch „Die neue Weltliteratur und ihre großen Erzähler“ tritt Sigrid Löffler leidenschaftlich für eine aufregende globale, „post-koloniale, post-nationale und post-ethnische“ Literatur ein, die die eurozentrische Perspektive verschiebt und ihrer Ansicht nach noch viel zu wenig Beachtung findet.
Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs explodiert die Weltliteratur, die Literaturproduktion nimmt in atemberaubendem Tempo zu. Mit Nachdruck und ungeheurer Dynamik vollzieht sich der Wandel von der Weltliteratur im Sinne Goethes zu einer globalen Literatur. Europa und Nordamerika bilden längst nicht mehr das Zentrum, der Fokus der Aufmerksamkeit liegt zunehmend auf nicht-westlichen Literaturen und deren rasantem Wachstum. Eine aufregende, welthaltige und wahrhaft zeitgenössische Literatur entsteht, geschrieben in den meisten Fällen von Migranten und Sprachwechslern, von Pendlern zwischen den Kulturen, von Flüchtlingen aus oft literaturfernen Weltgegenden, aus Südasien, Afrika oder der Karibik, aber auch aus Krisen-und Bürgerkriegsregionen wie etwa Libanon, Somalia oder Jugoslawien. Sehr oft sind diese Autoren Abkömmlinge aus ehemaligen, meist britischen oder französischen Kolonien. Diese Migranten eröffnen neue Erzählwelten und Erfahrungsräume und geben Kunde von ihren Entdeckungen als globale Wanderer und Weltensammler.
Diese explodierende neue Weltliteratur wurde hierzulande bisher zu wenig wahrgenommen. Mit ihrem Buch möchte die Literaturkritikerin Sigrid Löffler Orientierungshilfe leisten, indem sie diesen neu auftauchenden literarischen Kontinent für eine deutschsprachige Leserschaft erstmals kartografiert – in aller Vorläufigkeit und Lückenhaftigkeit. Das Buch konzentriert sich auf Titel, die in deutscher Übersetzung vorliegen, und stellt fünfzig Autoren und Autorinnen vor, die diese neue Weltliteratur prägen. Berühmte Namen wie Salman Rushdie, V. S. Naipaul oder J. M. Coetzee sind darunter, aber auch weniger bekannte, die es noch zu entdecken gilt.
Sigrid Löffler
Geboren 1942, ist Literaturkritikerin, Publizistin und Kulturkorrespondentin. Sie war Redakteurin, Ressortleiterin und Herausgeberin bei zahlreichen Zeitungen und Zeitschriften im deutschsprachigen Raum, mit Marcel Reich-Ranicki und Hellmuth Karasek ständige Teilnehmerin an der ZDF-Sendung "Das Literarische Quartett", Feuilletonchefin der "ZEIT" und Herausgeberin der Zeitschrift "Literaturen". Sie erhielt zahlreiche Preise und Auszeichnungen, zuletzt das Ehrendoktorat der Universität Bielefeld 2010. Sigrid Löffler lebt in Berlin.