Schreiben und lesen mitten in Europa
Gespräche und Lesungen mit Gästen aus Ungarn - Noémi Kiss (Autorin) und Èva Turbuly (Archivarin und Verlegerin aus Sopron)
Wie organisiert sich die literarische Szene in Ungarn?
Literaturhaus Mattersburg
„Unsere ungarische Literatur ist eine eingeschlossene Literatur. Die Sprache ist eingeschlossen und die Autoren sind immer mit sich selbst beschäftigt. Reisen nach Osteuropa und in den Balkan haben mich stark beeinflusst. Diese Länder, diese existentiellen Fragen, sowohl in Polen, als auch in Serbien, in der Türkei - das hat mich beeindruckt. Ich wollte also ein Buch schreiben, wo sich ungarische Leute irgendwie vermischen mit Europa - das war für mich ein wichtiger Grund, dieses Buch zu schreiben." Noémi Kiss über ihr Debüt "Was geschah, während wir schliefen". Das Buch ist eine Sammlung von Erzählungen. Sein Titel verschleiert den radikalen Inhalt- es geht um existentielle Grenzerfahrungen, um Sexualität, Rollenwechsel und Brüche.
Engagierte ungarische Literatur
Noémi Kiss, Autorin und Literaturwissenschaftlerin, gilt als eine Stimme einer neuen literarischen Generation in Ungarn - kompromisslos und direkt greift sie tabuisierte Themen rund um Sexualität und Geschlechterbeziehungen auf.
"Zivilcourage und Engagement, Gleichberechtigung von Frauen - das sind für mich wichtige Themen. Aber ich bin Autorin, keine Politikerin, hab keine Rhetorik gelernt, .. Aber ich kann Texte schreiben und so auf meine Leser und Leserinnen wirken.", sagt Noémi Kiss in einem Interview.
Die Autorin wird auf Deutsch aus ihrem Buch lesen und an einer Gesprächsrunde mit dem Titel: „Schreiben und lesen mitten in Europa" teilnehmen, ein Themenschwerpunkt, dem sich das Literaturhaus Mattersburg in diesem Jahr widmen wird. Das ganze Jahr über wird es Gespräche und Lesungen mit Gästen aus Ungarn geben, bei denen die Rahmenbedingungen und Gegebenheiten der ungarischen Literatur und der kulturellen Szene unseres Nachbarlandes zur Sprache kommen sollen und Fragen an ungarische Künstler, Verleger, Journalisten und kulturell Interessierte gestellt werden können. An der Gesprächsrunde mit Noémi Kiss nimmt auch die Verlegerin und Archivarin Èva Turbuly aus Sopron teil. Dabei soll es um Fragen des Lesens und Schreibens im Vergleich zwischen Ungarn und Österreich gehen. Die ungarische Literatur gilt ja - vor allem im deutschsprachigen Raum - als sehr erfolgreich, betrachtet man Bücher, Autoren und Übersetzungen. Gleichzeitig erfahren sich die Ungarn mit ihrer Sprache, wie es Noémi Kiss im Zitat formuliert, als sehr eingeschlossen und teilweise isoliert. Ziel der Gespräche ist es mehr über die Strukturen des literarischen Betriebs in Ungarn zu erfahren.
Noémi Kiss wurde1974 in Gödöllő geboren, studierte Hungarologie, Komparatistik und Soziologie u.a. in Konstanz. Sie veröffentlichte zahlreiche Essays, Erzählungen und Kritiken in deutscher und ungarischer Sprache. Kiss ist seit 2000 Dozentin für Vergleichende Literaturwissenschaft an der Universität Miskolc und veröffentlichte 2009 ihr Debüt „Was geschah, während wir schliefen".
Die Veranstaltung wird von der Österreichischen Gesellschaft für politische Bildung gefördert.