Das Eigentliche
mit Iris Hanika
Vergangenheit und Schuld
Literaturhaus Mattersburg
Das Eigentliche ist für jeden etwas anderes. Für Hans Frambach sind es die Verbrechen der Nazizeit, an denen er leidet, seit er denken kann. Darum ist er Archivar im Institut für Vergangenheitsbewirtschaftung geworden; nur fragt er sich, ob es nicht an der Zeit für eine andere Arbeit wäre.
Auch für seine beste Freundin Graziela steht die Fassungslosigkeit über diese Vergangenheit im Mittelpunkt bis sie einen Mann kennenlernt, der sie begehrt, und fortan die Begegnung der Geschlechter im Fleische für das Eigentliche hält; ein Konzept, an dem sie nun zweifelt.
Aber kann man denn den Nationalsozialismus für alles verantwortlich machen? Eigentlich ist es doch ihre Unfähigkeit zum Glück, die Hans und Graziela zu so wunderlichen Gestalten macht. Nur sie selbst halten ihr Unglück nicht für gott-, sondern für nazigegeben.
Iris Hanika zeigt, wie die Verbrechen der Nazizeit uns bis heute in ihren Klauen halten, und übersieht dabei nicht, zu welchen Absurditäten die Professionalisierung des Gedenkens führt. Da wäre nämlich noch ein Eigentliches: unsere Hilflosigkeit angesichts dieser Verbrechen.
„....Literatur ist eben auch dazu da, Gewissheiten in Frage zu stellen, mit künstlerisch reflektierten Mitteln. Das genau hat Iris Hanika getan, und darin liegt eine wohltuende Kühnheit« Rainer Moritz, Literarische Welt
"Man kann mit dieser Schuld nicht leben. Das nach fünfundsechzig Jahren intensiver Debatte darüber mittels einer Fiktion noch einmal derart eindringlich klargemacht zu haben, ist das große Verdienst dieses - man muss es so sagen - nach und trotz Auschwitz geschriebenen Romans." (Andreas Platthaus, F.A.Z.)